INNA ZAGRAJEWSKI
Der Winter im Zoogarten
Aus dem Buch “Drei Poeme von Tieren und Menschen”. Berlin, 2003.
Teil l
Kommen Sie
in’n Zoogarten?
Nein, im Winter,
nicht im Sommer:
zu der Kälte,
statt zur Sonne,
bei dem Frost,
beim Schneefall.
Kommen Sie –
es wäre so fein!
... Gar nicht freundlich,
voll vom Kummer –
– nur die Zeichen,
nur die Hügel –
wurd’ der Zoo unterm Schnee
trübe, traurig
und grämlich.
Auf dem Spielplatz herrscht
Langweile:
nur ein Papa
und paar Mamas
und die Kinder-Krabben,
und ein Kutscher-Knabe,
kreist nutzlos
das Pony-Pferd,
weil kein Mensch
zum Zoo fährt.
Oh, wie viele leer’
Gitter ...
Vorher, als der Sommer
blühte,
Hört man Ahnen
von den Tieren
Aus den so breiten
Türen.
In Volieren sangen Vögel:
Misteldrösser, Haubendrössel,
und beringte Vögler
selbst
diese Vögel
vor dem Herbst.
Das Lied “über die Bereinigung”
Fürs Vöglein –
das Ringlein
Für’s Pferd –
einen Zaum
Dem Ersten –
auf’s Füßchen,
Dem zweiten – auf s Maul.
So, schadend kein
Feder,
störend nicht
fliehend
fliegen,
nimmt man uns
in Hände,
um den Ring
,,anziehen”.
Jetzt zupfe nicht,
du, dummer Vogel,
den Ring,
er ist so, dass Vöglein ihn
nie mehr
wegwirft.
Sie,
abgefedert,
fangt man
mit den Netzen,
um sie freizulassen,
mit Ringen
sie stempelt.
Warum denn?
Es möchte der Fänger
der Vögel
die Herbst–Vogelwege
durchsehen,
verfolgen.
Die unruhige schwere
Zeit...
Wie das sinkend’ Schiff,
den Teich
ließen Vogel–Schwärme
für die rufend’
Ferne.
Oh, des Herbst’s Ruf,
das Zugband,
,,Schwäne-Gänse”
fliegen bald!
,,Wer fliegt mit?
Dann höher
sich heben!
Schwachen –
sterben,
Stärk’ren leben.
In dem weiten grünen
Strand,
voller Salz des Meer’s Wind
werfen uns’ re Anker
wir.”
Weit, im Nord
In den Wald
Plätze
Können nicht Eichhörner
sitzen.
Geht schon
die Reh-Herde:
Knie Knarr’n
über der Erde ...
Ganz unmerklich,
in der Tiefe
,,gehen” Hausen,
,,Monde"-Fische”.
Und –
ähnlich den Teuflein –
Mit langen
Schnäbeln –
gleiten die Häuslein,
die Kinder-Babys.
Sie störend
an anderen,
im Wasser flimmernd,
Es brennen bei Ohren
die purpuren
Kiemen…
Teil II
... Es friert der Flügel:
kam der Herbst.
Zu dem Raum
Die Pfote
strebt.
In der Spur
der Schwärme
fliegt die Krochgans
gerne.
Aus dem Teich
zum warmen Haus
zieht der Wels
im Büchse
aus,
auf dem Stock –
Boalein,
ranken sich,
nicht fallen!
...Überfahr ...
Hinübertragen ...
Gitter stellt man
auf Räder.
Hektisch lautet
Tierchor ...
Es ist Zeit –
für neuen Ort!
Hier hat man
das Heu
gewechselt,
dort wird
der Heizkörper
wärmer,
Jeder – vom Tiger
bis zum Frosch
vorbereiten sich
zum Frost...
Erster Schnee –
zu diesen Zeiten –
war ganz weiß
an Löwens
Seite,
unter Elens Bauch –
er war
ganz verschmolzen
und fast
warm.
Sommer Fuchs
in bleichen
Tagen
wechselte den Pelz
auf Flamme.
Die Kapuze vom Eichhorn
wurd',
als ob mit Schnee
voll.
Alle Rasen, Pfädchen, Wege
langsam – langsam
mit Schnee
umwehten,
wurden Dächer weiß ...
Also:
Kam der Winter
in den Zoo.
Es ist
zu,
außen die Tür,
die zur Helle und Wärme
führt.
Das echt’ ,,Ecklein
mit den Lichtern” ...
Einer ander’n
wechseln Gitter,
viele Leute, viele Tier’,
Kinderstimmen
lachen hier.
,,Winterhaus”
in dem Zoo –
ist voll Freude, Lust und Sonne.
Winter-Nachbarn –
Ziegen, Affen ...
alle fressen,
alle schlafen.
Abend kommt
im Winter schneller:
er ist müde
wegen Schnee.
Ponys Kreise ...
kommen zum End’,
schwer geht’s Pony,
langsam’s geht.
Es ist helle Tür
geschlossen.
Oh, wie viele –
Haken,
Schlösser!
Keine Tür ...
nur eine Wand ...
Zoogarten im Schnee
verschwand.
Epilog
Lass sein
im Zoohof
der Winter, der Sommer,
der Herbst...
Sagt, ob ihr die Tiere
mögt?
Ich hab' sie natürlich
gern.
Wenn du nicht das erst’ Mal
siehst,
der Äuglein Glasperlen
des Fuchs’s,
feucht’ Abgüsse
der Nasen aus Leder,
die Schnurrbärte
grauer Fäden ...
‘s gibt viele des Eisfuchsens Pelzchen,
und viele die schwarzen
Lippchen,
Fünfkopekenstücke,
so runden,
die zärtlichen
rosa Lungen!
Siehst auch die Großen,
Kleinen,
die Weibchen
mit ihren
Kälblein,
sogar nicht zum
ersten Mal,
Freust dich
aber in jedem Fall.