ZU DER HAUPTSEITE

 

 

INNA ZAGRAJEWSKI

 

Die Hunde

 

Aus dem Buch “Drei Poeme von Tieren und Menschen”. Berlin, 2003.

 

Teil l

 

Zu euch,

die wir lieben ...

 Den Leuten,

zu ihnen!

(Semjon Kirsanow)

 

– Wer?

– Der Hund ... Obdachloser,

ohne Herr ...

– Die Eltern?

– Die Hunde ...

obdachlose Stromer ...

Beide …

 (Der Fragebogen)

 

Der Herbst...

Gar die Straße zum Meer

ist leer.

Die Berge sind, wie gewöhnlich,

stumm ...

Nur ganz leise –

das Meer brummt,

nur rauscht der Wind,

der was

wirft und dreht...

 

Plötzlich ... das Bellen,

das Bellen der Hunde ...

Ob dieser Streit es ist?

Warum, was für Gründe?

Oder die Dummheit,

keine Ursache eben ...

Aber das Städtchen

kommt wieder

zum Leben …

 

Es geht um Hunde?

Sie wurden

vergessen ...

obwohl hier,

auf kleinem Büschel

der Erd’ –

ganz gewöhnliche,

ohne Rasse,

wohnen Hunde

und auch die Hündinnen

mit gutem

Charakter,

mit nettem Angesicht...

Der Herbst

ist der Herbst.

Er bringt Kälte

für sie.

Zerknüllt vom Kopf

bis zum Schwanz –

ist der Hund im Strauch

erwacht...

oh, wie ist's kalt:

gibt's kein' warme

Ecke.

 

Man kann aber

nicht

das Bett

aufdecken

und die Ordnung ist so,

wieman wollt'.

Schade, dass niemand das Putter

holt...

Man soll auf der Eltern

uralten

Spuren

zu den Schlössern

gehen,

dort sind

die Küren,

dort gibt's

die Küche,

dort stehen

die Kübel.

(Man isst die Rippen

von großen Tieren,

vom Elefant –

nicht weniger!)

Das Restliche –

– unbedingt,

geht zu anderen Gästen ...

es ist, Hund

nicht für dich ...

Oh, Hunde,

die Hunde,

ihr seid –

gute Kinder!

Beliebige –

Dackel mit kurzen Füßen.

 

Oder einfach –

so genannter ,,Hofhund”

mit zerzausten Pelzen

sind trotzdem süße.

(Und wenn gar schmutzig sind,

sind trotzdem gut.)

Der Schäferhund ist sehr schon,

Es ist klar,

's ist schon auch Bull–Terrier –

ohne Nase

gar...

Die Hunde –

die Stromer ...

Warum denn sie

quälen?

Sie frieren,

haben Hunger,

wohnen draußen

immer...

Auf dem Gras

oder auf den weggeworfenen

Zweigen

leben sie immer – Sommer

und Winter.

Verflucht von jemandem

auf ewig

gebären sie sich selbst

und gebären sie Kinder

und suchen, immer suchen,

nach Herrin oder Herrn.

Und trotzdem kein

Klagen.

Wozu denn

der Lärm?

Besonders Mondnächte,

die die Hunde

quälen ...

Dann kommt

zu dem Hund

Etwas den Wölfen

ähnlich:

Der wölfische Kummer ...

des Wolfs Hurtigkeit.

Das nennt man gewöhnlich

,,Die Heulenden sein".

(Und ,,Haushunde ..."

sieheulenunten ...)

In dieser für sie alle schwierigen

Zeit

sieht man – der uralte

Stamm – Schmerzen

sammelt

ihre heiseren Stimmen

mit ein.

Oh, arme, arme,

weiße, schwarze

oder andere

Farben,

Mager und stämmig,

dünne und dicke,

Was Schlechtes,

sagt denn doch,

konntet ihr machen?

 

Das Lied vom ,,Hofhund

 

1. Wir sind nur

,,Hofhund”, ,,Volkshund",

kein ,,Edelhund",

das jeder sieht...

Sie denken an uns gar nicht,

bemerken nicht, dass wir sind.

Sie können uns weg

von sich schieben,

wir haben die Gabe,

Sie zu lieben.

 

Refrain:

 

Für Sie –

egal,

ob Hund Sie

mocht,

er, trotzdem

liebt,

er liebt Sie

doch.

 

2. Vielleich

um Augen,

die zur Nase

näher sind,

um Ohren,

gebaute anderer Art.

Was ist es denn?

Es bedeutet einfach,

dass es von oben

entschieden war …

 

Refrain

 

Für Sie –

egal,

ob Hund Sie

mocht,

er, trotzdem

liebt,

er liebt Sie

doch.

 

 

So unter Monden

bellen, stöhnen

die Haushunde

und Freiheitshunde.

Lass Hunde–,,Stimmen”

uns nicht gefallen,

die Leute,

bitte,

antwortet

ihnen

mit ,,Bergen"

der Sorgen,

mit ,,Wogen”

der Freude,

auch ,,Feldern"

des Liebkosens.

auf ihre Liebe

und Treue ...

 

sonst's Meer, wie gewöhnlich,

war voll

der Schönheit,

es rollt' seine Welle

dahinten weit,

und hatte kein' Sorge

um diese Armen,

die neben ihm

an den Stränden waren.

Wozu denn? Gibt's viele

(von Leuten bis Möwen),

die auf ihm beten

und preisen

sollen ...

Ihm höher

waren Gärten ...

Sie sind noch stark

duftend ...

Vergebens nimmt der Herbst

sie in die feste Hände:

Die Feige – lila Birne –

beugt sich schwer von Früchten

die Zweige,

sind Sträucher noch voll

violetter Brombeeren,

(Lippen und Wangen

mit Tinte ...)

 

Die rote Rose

bewahrt nach dem Sommer

viel Kräfte,

süß ist auch der Duft

von den Läppchen,

die zusammen so blau und rot sind.

 

Es gibt deren hinter

der Zeder,

mit den

noch grün–blauen Farben,

der niemals

verwelkenden

Zeder

aus den ungefrorenen

Nadeln ...

 

Und dort –

aus dem Stein –

steigt

das schöne Schloss ...

Dort sind

bis zum Himmel

die Säle

und Säulen.

Und Blumen –

– so schöne,

die gold'nen ,,Gebirge” von ihnen,

mit solchen so aromatischen

Blättchen Levkojen!

 

Ihre Halme –

schau mal –

mit Wasser

sind voll!

 

In Sälen –

vielleicht

junge Zarinnen

wohnen,

(Sie sind

unglaublich,

sehr schön und schick),

die tanzen –

sicher –

und singen können ...

Wir dürfen nicht –

schade –

auf sie gar

blicken.

 

Denn außerhalb

von den hellen Hallen,

ab und zu

zwischen herbstlichen

Bäumen

flimmert's Waldmädchen.

(Sie nannt' man Hanna),

Die–

niemand wußt’, wo –

aber irgendwo

wohnt'.

 

Sie–

mit dem Besen oder

mit der Bürste

war hier,

nicht ermüdend gar ohne Heim.

Der Garten –

ringsherum –

erhob sich

nach oben,

und hinter ihm

schon begann

der Wald...

Der Herbst bewahrt ihm

die grüne Farbe.

(Das Grünes

den Tannenbäumen

lassend)

Obwohl sie hunderte

Meter lang waren,

schienen sie uns

als Stufe

der großen Terrassen

Und weiter – die Gipfel

der Berge und Hügel...

Sie gingen – zum Himmel,

so blauem Himmel...

 

Teil II

 

Es gibt keinen klüger,

keinen schöner,

und böser –

keinen ...

Und alle er

,,Der große Hund”

in einen Strauß

sammelt’ ein.

 

Wenn der gelbe

Teppich

senkt sich

auf die Hügel,

tritt des Canyons Kette

dann aus dem Dunkeln.

Ihr Felsen sind den

weiten Städten

ähnlich,

die Blumen sind

Reseda und Mohn.

Aufwachend,

der Bär,

der auf hinteren Füßen

sich hoben,

schaut auf die große Welt

nach unten von oben ...

 

Dann kriechen die Schlange,

um sie alle

sehen zu können,

und der Hirsch verliert

die Geweihe,

um neue

zu bekommen.

Und die Ziegen dann springen

tiber Steine,

wie Balle ...

Und der Bar ...

Er ist jetzt

der Herr

über den, die doch

murren, miauen, brüllen

und bellen ...

 

Nochmal –

über Hunde,

die beleidigt wurden ...

,,Wir sind eur' Verwandten,

Ihr,

die wilden Tiere ...

Weil wir alle friiher

zusammen wohnten,

sind wir

keine Fremden."

 

Zum Beispiel,

die Baume –

auf der Erd'

sind wie die Haare –

auf des Kopf s ,,Berg" ..

Auch des Bergs Hohlung

(anders die Abgriinde)

sind –

unter Augenbrauen –

Augen ...

 

Der Mensch

und der Hund ...

Es gibt –

keinen Unterschied,

obwohl Zweiter

Ersterem

das Stöckchen bringt

 

Das kleine, grün'

Heuschreckchen

hat Flügel,

wie der Engel,

dennjeder weiß:

sein Rachen

ist dem Hundsmaul

ähnlich ...

 

Auch das Bild

,,der Hund und das Kind":

Schulter –

an Schulter,

Wange –

an Wange,

gleich sind

auch Gesichter – ja, eben!

Obwohl der Hund

etwas großer ist...

 

Der Kater,

die Hund

und der Mann –

eine Kugel …

Sie sehen alle

aus den Bildern.

Gewöhnlicher Spatz flog vorbei

und –

oh, Wunder!

Erweist

er sich ähnlich

dem Kater und dem Hunde.

 

Der mächtige Löwe

auf dem Wappenschild ...

Er legt einen Fuß

aufs Eisenschutzbrett.

Löwe ist Löwe –

Was jeder

sieht –

aber

sein Profil...

Es ist –

vom Hund!

 

Sie alle

(auch Hanna)

Angst haben

vorm Herbst:

Im Herbst ist's

kalt,

Wird so hart

die Erd’.

Gar lieber Strauch

bringt jetzt nur Leiden:

verletzt den Fuß,

ähnlich einer Nadel.

 

Hanna mit' m Hunde

oder mit’m Kater

(Sie sind zum Herbst

auch hier

im Garten),

setzt sich sehr oft

neben die warme Wand,

wie ihre Schwester,

die echte Verwandt’.

 

Ich bedauer euch,

anderen gehend' in die Spur,

solch nahen,

wie ein Nachbar

dem Nachbar

Warum, sagt ihr,

trotzdem

einer

anderen

sehend,

trefft ihr

eig'nen Brüder,

als ob sie Feind'

wären?

Warum?...

Wer sagt, welche

Geheimnisse wandern

in dieser Beziehung

von einem zum anderen?

 

Es dunkelt...

die Nacht trat schon

auf den Tag ...

Bei Tieren und

Menschen

ist's Leben

erstarrt.

Wölfe –

nicht heulen

Kälbchen –

nicht brüllen.

Nur die

ganz leisen,

die ,,fliegenden" Mäuse

im Dunkel jagen

die Hunde.

 

Das Helle

Mondlicht

erschien auf

den Wänden

und änderte

alles:

auch diese

und jene:

verschmelzend Gesichter

mit'm Korper der Bäume,

Blatt –

mit Befiederung,

Pfote

mit'm Flügel.

DerHund–

in der Kreis:

die Nase –

im Schwanz,

dann fangen Konzerte

von den Katzen an:

bekannte für alle:

,,Miâu”, ,,Miâu”

hört man jetzt

in jeder Hofecke so laut,

als ob sie uns rufen,

und sie bitten was,

ihr Schrei – wie des Messers

Geknarr

über Glas ...

 

Plötzlich – was für

dieser ganz fremde Klang,

von denen der Hund im Moment

aufwacht?

Was ist es?

Der Vogel erbebt’ in den Zweigen?

Ob plätschert' das Fischlein,

durch das Wasser schwimmend,

oder bewegte sich

in Kronen rauschend,

der über Bäume

fliegende Wind?

Kann sein auf herbstlichen

rostigen Blättern

mal lief durch den Wald

Hanna selbst, das ,,Waldmädchen”?

Laufend leicht

durch des Bergwaldes

Hänge,

war sie wie die Fee,

die Fee aus Märchen,

oder der uralten Sage

die Heldin,

wie Aschenputtel

oder wie Herd…

 

... Lebenden hier ...

sie erkannte

gar nicht

(sie überhaupt,

gar in das Gesicht):

der Natur König

verschenkt ihr das Leben

weit von den

Leuten,

nur dem Schloss

daneben ...

 

So

ganz unmerklich,

fast sofort

auf die Terrasse

fiel die Nacht.

Der helle Mond ...

er schaut

schon

auf leere Gärten,

auf den Canyon.

Im dunkel steht:

Zypresse–Kerz’,

Der Kiparis –

Kolonne,

der Baum,

der fremdartig ist,

und hat schon Blätter

verloren ...

Das Mondlicht hat aus dem Dunkel

zerrissen

das Schloss,

die Palme –

vor dem Fenster,

verschlafenen Hof,

das hohe Gewölb,

uralte Zeichen

auf Tor ...

Der Pels am Meer

unter dem Mond

glänzt, wie das Bildchen

an der Wand,

mit ,,Ähnlichkeit

Gesichts",

der Hund

schläft, aber

Schlosses Ruhe

behütet...

 

Er schläft. Er wird natürlich

träumen

von großen Eimern, Kübeln,

Töpfen,

Almosengab'n

von weißen Köchen

und Rippen

der gegossenen

Kühe,

Er wird nicht hören,

dass durch den Wald

Waldmädchen

ohne Wege

läuft...

Kein'n Laut mehr ...

Und schläft der Hund

ganz ruhig bis zur Morgenstund' ...

 

Epilog

 

Also, im Leben beschäftigt ist

jeder:

die Hunde –

,,bellen”,

und ,,atmet” –

das Meer,

die Leute – ,,arbeiten” oder

,,räumen”,

die Fische –

,,plätschern”,

die Wölfe –

,,heulen”.

 

Wenn wir die Worte

vermischen würden,

werden die Wölfe

bellen wie Hunde,

Fische –

bauen,

Leute –

heulen.

Wird das Meer – bauen,

räumen.

 

Euch, den armen

Katzen und Hunden,

wurden diese Zeilen

gewidmet.

Lasst euren dusteren Herrn

oder Herrin

sie schnell durchlesen –

aufalle Fälle,

um alles

zu seinen Ausflüssen

zu führen:

ähnlich den Bäumen,

sind Leute

und Tiere ...

,,Das Meer” der gar unsichtbaren

Zikad',

das Windlein, ,,gebrachte" die Kühle

der Hand ...

Halt, Kiparis,

vielleicht, bist du

ein Mensch?

Du, roter Strauch,

bist ein Hündlein

dann?

Es ist so einfach:

Die südliche Nacht,

Neidend die Wunder,

fängt die Wache

an

Und mischte alle:

die Nähe, die Feme,

den dunklen Himmel bedeckend

mit den Sternen.

Zu dem Gestirn

mit dem Namen ,,Großer Hund"

fliegt das Flugzeug,

lassend im Himmel

sein’ Spur ...

Dort herrscht je

der Hund!

Und ihn

ringsherum

Geht der Sterne

lebendig’ Rund’.

In seiner ewigen

Einsamkeit

ist er als Kontur

gar nicht bezeichnet,

Nur–

vorm Millennium

und auf immer –

blitzen seine Augen

vom nächtlichen Himmel.

 

Erzählt man so:

auf dem Hof

geborene,

wohnt’ ein gewöhnlicher Hund:

Maul, Ohren ...

Abernach Jahr’n

hob er sich

bis zum Himmel

und sein Kopf

blühet’

mit den Sternen

wie Blumen

 

So sagten die Leute

(sie sahen von unten

auf das Himmelzeichen

von dem ,,Großen Hund(e)” ...)

 

Die Nacht... und das Schlafen...

Die Ruhe kam

zur Erde ...

Des Mondes

Flecken

fließen auf den Wänden,

Und ,,Hofhund”

(Es gibt solch’

und es bleibt so weiter)

schläft auch,

ganz frei,

als Verkörperung

der Zeichen ...

 

Der Morgen ...

Es tagt...

‘s ist der Nebel –

wie die Sahne.

Ähnlich dem Vorhang

sind Berge in der Weit’

Nacht –

– ,,verabschiedet”,

,,Schmelzen” –

die Sterne,

Waldmädchen kehrte

zurück in den Wald ...

 

 

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